Der Linienverfolgungstest ist ein computergestützter Test, der im Rahmen der MPU eingesetzt werden kann, um deine Fahreignung zu beurteilen. Er gehört in die Gruppe der Leistungstests und erinnert an Labyrinth-Rätsel. Denn bei dem Test erscheinen auf deinem Bildschirm mehrere ineinander verschlungene Linien. Deine Aufgabe ist, die jeweils markierte Linie zu verfolgen und ihren Endpunkt zu bestimmen.
Offiziell wird die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) als Begutachtung der Fahreignung bezeichnet. Sie soll klären, ob du dafür geeignet bist, sicher und verantwortungsbewusst am Straßenverkehr teilzunehmen.
Dass du eine MPU absolvierst, hat einen Grund. So gab es einen Vorfall, bei dem der Entzug deines Führerscheins im Raum steht. Bevor die Behörde entscheidet, ob du deinen Führerschein behalten kannst oder sie dir die Fahrerlaubnis wieder erteilt, müssen Zweifel an deiner Fahreignung ausgeräumt werden.
Nun spielen bei der Einschätzung der Fahreignung aber verschiedene Aspekte eine Rolle. Aus psychologischer Sicht geht es um deine Einstellung, dein Verantwortungsgefühl und deine Bereitschaft, Regeln einzuhalten. Doch auch gesundheitliche Fragen sind relevant. Schließlich können körperliche und geistige Einschränkungen deine Fahrtauglichkeit beeinflussen. Außerdem musst du als Verkehrsteilnehmer in der Lage sein, Eindrücke wahrzunehmen, Situationen schnell einzuordnen und richtig zu reagieren.
Um alle Perspektiven aufzugreifen, gliedert sich eine MPU immer in drei Teile. Neben der medizinischen Untersuchung und dem psychologischen Gespräch ist das ein Leistungstest. Ein Testverfahren, das dabei bei der MPU eingesetzt werden kann, ist der Linienverfolgungstest. Ihn schauen wir uns in diesem Beitrag genauer an.
Was ist der Linienverfolgungstest bei der MPU?
Der Linienverfolgungstest, kurz LVT, ist ein Testverfahren im Bereich der Fahreignungsdiagnostik. Es handelt sich um einen computergestützten Test, der bei der MPU vor allem dann eingesetzt wird, wenn Alkohol- und Drogendelikte oder neurologische Beeinträchtigungen der Untersuchungsanlass sind.
Der Aufbau des LVT ist simpel. Auf dem Bildschirm wird eine Grafik mit Linien eingeblendet. Meist sind es neun Linien, die kreuz und quer übereinander verlaufen. Die Linien beginnen im oberen Teil der Grafik und schlängeln sich bis zum unteren Bildrand. An den Endpunkten sind die Linien nummeriert.
Eine Linie ist an ihrem Startpunkt mit einem Pfeil gekennzeichnet. Deine Aufgabe ist, diese Linie mit den Augen nachzuvollziehen und ihren Endpunkt zu bestimmen. Um den Endpunkt auszuwählen, klickst du je nach Gerät entweder auf die entsprechende Zahl oder tippst die Nummer ein.
Bei der MPU sieht eine Aufgabe vom Linienverfolgungstest auf deinem Bildschirm in etwa so aus:
Die richtige Lösung bei unserer Beispielaufgabe ist die 5. Denn wenn du der gekennzeichneten Linie folgst, kommst du am Endpunkt mit der Nummer 5 an.
Sobald du dich für eine Ziffer entschieden hast, verschwindet die Aufgabe vom Bildschirm und die nächste Grafik wird eingeblendet. Gleichzeitig werden die Bilder immer komplexer. Während die Linien anfangs recht einfache Verläufe haben, verlaufen sie später zunehmend verworrener.
Insgesamt dauert der LVT um die fünf Minuten.
Wann und warum wird der Linienverfolgungstest bei der MPU eingesetzt?
Im Straßenverkehr entstehen oft komplexe Situationen, die eine gute und schnelle Orientierung erfordern. Du musst deine Augen überall auf der Straße haben, damit du alles um dich herum wahrnimmst und auch unübersichtliche Szenen sicher und richtig einschätzen kannst. Der Linienverfolgungstest greift letztlich diese Bedingungen auf.
Du kannst dir die einzelnen Linien als Fahrzeuge oder andere Verkehrsteilnehmer vorstellen. Sie alle sind auf dem Weg zu ihrem Ziel. Solange du jeden Verkehrsteilnehmer einzeln für sich betrachtest, ist es nicht schwer, ihn im Blick zu behalten und einzuschätzen, wohin er will und was er als Nächstes tun wird. Doch wenn sich mehrere Verkehrsteilnehmer gleichzeitig, in unterschiedliche Richtungen und durcheinander bewegen, wird es deutlich schwieriger, den Überblick zu behalten und die Gesamtsituation zu beurteilen.
Beim Linienverfolgungstest werden deine visuelle Abstraktionsfähigkeit, dein Orientierungsvermögen und deine Konzentration überprüft. Es geht darum, ob du die komplexe Struktur aus Linien durchschauen und in einem angemessenen Tempo richtig zuordnen kannst.
Einen gesunden und leistungsfähigen Menschen stellt diese Aufgabe vor kein großes Problem. Aber der regelmäßige Konsum von Alkohol oder Drogen über einen längeren Zeitraum kann das Abstraktions-, Orientierungs- und Konzentrationsvermögen herabsetzen.
Auch bestimmte Medikamente, neurologische Erkrankungen und psychische Beeinträchtigungen können sich negativ auf die Fähigkeiten auswirken. Die Folge kann sein, dass der Betroffene Situationen falsch einschätzt, zu langsam oder zu schnell reagiert oder sich im alltäglichen Verkehrswirrwarr regelrecht verloren fühlt.
Um die Fahreignung beurteilen zu können, wird der Linienverfolgungstest deshalb in erster Linie bei folgenden Untersuchungsanlässen für die MPU eingesetzt:
- Verkehrsdelikte im Zusammenhang mit Alkohol
- Vorfälle unter dem Einfluss von Drogen
- Verstöße unter Medikamenteneinfluss oder bei Medikamentenmissbrauch
- Vorliegen bestimmter Krankheitsbilder
Dabei stellt der LVT aber nur fest, ob die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist. Die Ursachen für mögliche Einschränkungen untersucht die MPU nicht. Schließlich geht es um die Beurteilung der Fahreignung und nicht um medizinische Diagnosen.
Wie kannst du dich auf den Linienverfolgungstest bei der MPU vorbereiten?
Der Aufbau vom Linienverfolgungstest bei der MPU ist ziemlich einfach. Die Grafiken, die für die Aufgaben auf dem Bildschirm erscheinen, zeigen ineinander verschlungene Linien, die am oberen Bildrand beginnen und am untereren Bildrand enden. Diese Aufgaben ähneln Rätseln, bei denen du ebenfalls die richtige Linie erkennen oder den Weg durch ein Labyrinth finden musst.
Solche Rätsel sind oft in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt. Du findest sie aber auch online auf Quiz- und Spieleseiten und auf Webseiten, die zum Beispiel auf Einstellungstests und natürlich die MPU vorbereiten. Zum Üben kannst du immer mal wieder ein paar Aufgaben lösen. Behalte dabei die Zeit im Blick und versuche, immer schneller zu werden.
Der Linienverfolgungstest und generell die Leistungstests bei der MPU müssen dir aber keine schlaflosen Nächte bereiten. Natürlich sind Aufmerksamkeit, Orientierung, Konzentration und Reaktion wichtige Voraussetzungen für die allgemeine Verkehrssicherheit. Bei der MPU sind die Anforderungen an die Leistungen aber nicht besonders hoch.
Die Leistungstests sind so gut wie nie der Grund, wenn Teilnehmer bei der MPU durchfallen. Zumal du sogar schlechte Leistungen durch ein schlüssiges und überzeugendes Auftreten im psychologischen Gespräch wettmachen kannst.
Hast du bei den Leistungstests sehr schlechte oder widersprüchliche Ergebnisse erzielt, kann der Gutachter außerdem veranlassen, dass du den Computertest wiederholst oder eine Fahrverhaltensbeobachtung absolvierst. Letzteres ist eine etwa einstündige Probefahrt mit einem Fahrlehrer und dem Verkehrspsychologen, bei der die Fähigkeiten, die sonst der Computer misst, im realen Straßenverkehr überprüft werden.
Die Erkenntnisse aus der medizinischen Untersuchung und vor allem der Eindruck, den der Gutachter beim Gespräch gewinnt, sind für das MPU-Gutachten bedeutsamer als der Linienverfolgungstest. Bei der Vorbereitung auf die MPU solltest du den Fokus deshalb auf die Fragen und Themen legen, die der Gutachter bei der psychologischen Untersuchung mit dir besprechen wird.
Welche anderen Testverfahren werden für das Fahreignungsgutachten noch eingesetzt?
Die Begutachtungsstelle kann bei deiner MPU für den Leistungstest verschiedene Testverfahren einsetzen, um deine Fahreignung einzuschätzen. Der Umfang richtet sich nach dem Untersuchungsanlass und der Eignungsfrage, die das medizinisch-psychologische Gutachten beantworten soll.
Bei einer MPU wegen zu vielen Punkten zum Beispiel werden sowohl die medizinische Untersuchung als auch der Leistungstest recht schnell erledigt sein. Denn dein gesundheitlicher Zustand und deine Leistungsfähigkeit spielen bei der Fragestellung keine zentrale Rolle.
Anders sieht es aus, wenn du unter dem Einfluss von Alkohol, Drogen oder Medikamenten gefahren bist, eine Erkrankung hast oder die MPU eine medizinische Frage klären soll. Weil Folgeschäden, Krankheitssymptome oder Nebenwirkungen deine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können, werden die Tests umfangreicher sein.
Schon bei der medizinischen Untersuchung wird der Arzt näher auf deine Vorgeschichte eingehen und dich genauer körperlich untersuchen. Außerdem gibst du eine Blut- oder Urinprobe ab. Die ermittelten Werte daraus lassen Rückschlüsse auf dein Konsumverhalten zu.
Auch der Leistungstest wird verschiedene Komponenten bündeln, die deine Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit unter verschiedenen Aspekten überprüfen. Zu den gängigen Verfahren, die den Linienverfolgungstest bei der MPU ergänzen können, gehören folgende:
Reaktionstest
Ein Standard-Verfahren bei der MPU ist der Reaktionstest. Er ist ein fester Bestandteil der Untersuchung, unabhängig vom Anlass und der Fragestellung. Wie alle Leistungstests bei der MPU findet der Reaktionstest an einem speziellen Computer statt.
Für den Test setzt du dich an den Computer und ziehst Kopfhörer auf. Im Verlauf des Reaktionstests leuchten auf dem Bildschirm fünf verschiedene Farben auf, während über den Kopfhörer ein hoher oder ein tiefer Ton eingespielt wird. Je nach Farb- oder Tonsignal musst du eine Taste drücken, ein Pedal treten oder beides zusammen. Gemessen wird, ob du schnell und richtig reagierst.
Bevor der Testdurchlauf beginnt, erklärt dir der Gutachter das Gerät und den Ablauf. Danach folgt eine kurze Übungsphase, bei der du dich mit dem Computer und den Aufgaben vertraut machen kannst. Jetzt hast du auch noch einmal die Gelegenheit, nachzufragen, wenn dir etwas unklar ist. Der eigentliche Reaktionstest läuft dann in drei Phasen ab, die nach dem Schema langsam – schnell – langsam aufgebaut sind.
Wahrnehmungstest
Wie der Name vermuten lässt, prüft der Wahrnehmungstest in erster Linie dein optisches Wahrnehmungsvermögen. Dafür wird auf dem Bildschirm jeweils für einen kurzen Moment eine Grafik angezeigt. Bei der Abbildung kann es sich um ein Verkehrsschild, eine Ampel, ein Fahrzeug oder einen Verkehrsteilnehmer handeln. Sobald die Grafik ausgeblendet ist, sollst du benennen, was du eben gesehen hast.
Verkehrsauffassungstest
Der Verkehrsauffassungstest funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie der Wahrnehmungstest. Allerdings siehst du hier keine einzelnen Motive, sondern Bilder mit verschiedenen Situationen aus dem Straßenverkehr. Dabei können die Szenen durchaus komplex sein und viele Details enthalten.
Du hast eine gewisse Zeitspanne, um dir die Bilder anzuschauen und einzuprägen. Anschließend musst du aufzählen, was auf den Abbildungen alles zu sehen war.
Figurenvergleichstest
Auch beim Figurenvergleichstest ist der Name Programm. Denn bei diesem Test geht es darum, dass du Figuren miteinander vergleichst.
Für eine Aufgabe werden vier einfache Figuren eingeblendet, die in einer Reihe nebeneinander stehen. Bei den Figuren handelt es sich um simple Grundformen wie Dreiecke, Vierecke oder Pfeile. Unter der Figurenreihe steht eine fünfte Figur.
Du musst nun möglichst schnell entscheiden, ob die fünfte Figur oben in der Reihe enthalten ist. Bei einer Übereinstimmung klickst du auf die grüne Schaltfläche, andernfalls drückst du auf den roten Knopf.
Fazit zum Linienverfolgungstest bei der MPU
Der Linienverfolgungstest überprüft, ob du dich in komplexen Strukturen orientieren und dir zeitnah einen Überblick verschaffen kannst. Wie alle Leistungstests bei der MPU ist auch der Linienverfolgungstest gut zu bewältigen, wenn du aufmerksam bleibst und dich entsprechend konzentrierst. Online kannst du für den Test üben.
Jeder der drei Teile der MPU fließt in das Endergebnis ein. Auch wenn der Leistungstest als nicht besonders schwer gilt, solltest du ihn deshalb nicht auf die leichte Schulter nehmen. Trotzdem sollte sich deine Vorbereitung in erster Linie auf das psychologische Gespräch beziehen. Denn es entscheidet maßgeblich darüber, wie dein Gutachten ausfällt.