Ein Kreatininwert außerhalb der Norm kann bei der MPU zum echten Problem werden.
Wurdest du im Zusammenhang mit Alkohol, Drogen oder Medikamenten auffällig, brauchst du für die MPU üblicherweise Abstinenzbelege. Sie dokumentieren deinen Verzicht auf die jeweiligen Substanzen in den vergangenen Monaten. Die Nachweise kannst du neben Haaranalysen über Urinproben führen. Allerdings musst du ein paar Dinge beachten, damit du dein Abstinenzprogramm ordnungsgemäß abschließen kannst.
Musst du wegen Drogen oder anderen Betäubungsmitteln zur MPU, sind Abstinenznachweise so gut wie immer Pflicht. Bei einer MPU wegen Alkohol kommt unter Umständen auch das sogenannte kontrollierte Trinken infrage. Oft wirst du bei Alkohol aber ebenfalls Abstinenzbelege brauchen.
Erwartet der Gutachter, dass du deinen Verzicht über einen bestimmten Zeitraum belegen kannst und hat du die entsprechenden Nachweise nicht, wird dein MPU-Gutachten negativ ausfallen. Wichtig ist deshalb, dass deine erfolgreiche Teilnahme am Abstinenzkontrollprogramm durch einen vollständigen Abschlussbericht bestätigt ist.
Im Rahmen des Kontrollprogramms kannst du dich entweder für Haaranalysen oder für Urinproben entscheiden. Wählst du Urintests, spielt unter anderem der Kreatininwert eine entscheidende Rolle. Was es damit auf sich hat, erfährst du in diesem Beitrag.
Welchen Zweck haben Abstinenzbelege?
Der Gesetzgeber sieht in der MPU ausdrücklich keine Zusatzstrafe. Stattdessen will er dich durch die Begutachtung dazu anregen, dein Verhalten selbstkritisch zu hinterfragen und die tieferen Zusammenhänge nachzuvollziehen. Es geht darum, dass du für dich erkennst, warum du dich so verhalten hast. Sind dir die Ursachen und Motive klar, kannst du an diesen Punkten ansetzen und etwas ändern. Im Optimalfall kommt dir das in allen Lebensbereichen zugute.
Bei einer Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenproblematik machst du durch den Verzicht einen großen Schritt zu einer Verhaltensänderung hin. Aber allein die Beteuerung, dass du den Konsum im Griff hast und es nie wieder eine Trunkenheits- oder Drogenfahrt geben wird, genügt nicht. Dieses Versprechen würde wahrscheinlich jeder Teilnehmer geben, um die MPU zu bestehen. Deshalb musst du deine Enthaltsamkeit belastbar belegen können.
Anders als bei einer MPU wegen Punkten, bei der du nur mit glaubwürdigen Aussagen überzeugen kannst, hast du durch die Abstinenzbelege ein starkes Argument für die Entwicklung, die du gemacht hast. Trotzdem belegen die Nachweise eben lediglich deinen Verzicht in den vergangenen Monaten und sagen nichts über die Zukunft aus.
Aus diesem Grund erfüllen sie zwar eine wesentliche Voraussetzung für ein positives Gutachten, sind aber keine Garantie dafür, dass du die MPU bestehst. Dafür muss dir der Gutachter abnehmen, dass deine Verhaltensänderung stabil ist und bleibt.
Wie lange läuft ein Abstinenzprogramm?
Über welchen Zeitraum du deine Abstinenz für die MPU dokumentieren musst, hängt vom Delikt, seinen Begleitumständen und deiner Vorgeschichte ab. Möglicherweise hat die Behörde einen bestimmten Zeitraum als Auflage vorgegeben. Ansonsten kannst du dich an eine MPU Beratungsstelle wenden. Ein erfahrener Berater kann einschätzen, was in deinem Fall notwendig sein wird.
Eine gängige Dauer vom Abstinenzprogramm sind zwölf Monate. Manchmal genügen aber auch sechs Monate, während andersherum in Ausnahmefällen ein noch längerer Zeitraum erforderlich ist. Wie viele Kontrolltermine stattfinden, vereinbarst du mit deinem Anbieter. Die Standards sehen vor, dass du
- mindestens vier Urinproben in sechs Monaten und
- mindestens sechs Urinproben in zwölf Monaten
abgibst. Wichtig ist, dass deine Abstinenz zeitlich lückenlos belegt ist. Brauchst du für die Vorbereitung auf die MPU länger als gedacht oder musst du ein zweites Mal zur Begutachtung antreten, solltest du rechtzeitig daran denken, dein Kontrollprogramm zu verlängern. Denn zwischen dem letzten Kontrolltermin und der MPU dürfen maximal drei Monate vergangen sein.
Nachweise, die älter sind als drei Monate, verfallen und werden bei der MPU nicht mehr verwertet. Du müsstest dadurch das Abstinenzprogramm noch einmal komplett von vorne beginnen.
Welche Vorgaben gelten für die Urin-Screenings?
So wie du dir die MPU-Stelle selbst aussuchen kannst, hast du auch beim Anbieter des Abstinenzprogramms freie Wahl. Nur muss das Labor, wie die MPU-Stelle, eine amtliche Zulassung haben. Außerdem müssen die Vorschriften erfüllt sein, die in den Richtlinien für die Begutachtung der Kraftfahreignung verbindlich festgelegt sind. Demnach gilt:
- Das Labor braucht eine Akkreditierung gemäß DIN 19027 für forensische Untersuchungen. Welche Stellen als Anbieter infrage kommen, ist in der Anlage 4a Abs. 6 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung) geregelt.
- Die Terminvergabe muss kurzfristig und unangemeldet erfolgen. In aller Regel erfährst du höchstens 24 Stunden vorher, wann du eine Urinprobe abgeben musst.
- Deine Urinprobe gibst du im Beisein eines Arztes ab. Seine Anwesenheit soll sicherstellen, dass du die Probe nicht manipulierst.
- Sollte dein Befund auffällig sein, muss ein zweites Messverfahren das Ergebnis bestätigen.
- Du schließt mit dem Anbieter einen Vertrag ab. Darin ist geregelt, wie lange das Programm läuft, wie viele Kontrolltermine es gibt, welche Bedingungen gelten und wie hoch die Kosten ausfallen.
- Am Ende bekommst du einen Abschlussbericht, der die Analysemethoden, die Grenzwerte und alles Weitere dokumentiert. Diesen Bericht legst du der MPU-Stelle bei der Begutachtung im Original vor.
- Für jede Substanz gibt es bestimmte Grenzwerte, die nicht überschritten werden dürfen.
Die strengen und umfangreichen Vorgaben sollen Fehler und Manipulationen verhindern und zuverlässige, belastbare Auswertungen der Proben gewährleisten. Deshalb macht es keinen Sinn, wenn du dich zum Beispiel an deinen Hausarzt wendest und bei ihm Urinproben abgibst. Weil die vorgeschriebenen Bedingungen für ein Abstinenzprogramm dann nämlich nicht erfüllt sind, würden dir die Ergebnisse bei der MPU nichts bringen.
Was ist der Kreatininwert?
Deine Urinprobe wird nicht nur auf Rückstände von Alkohol oder Drogen untersucht. Auch der sogenannte Kreatininwert wird jedes Mal ermittelt. Liegt er außerhalb des Normbereichs, kann deine Urinprobe nicht verwertet werden. Ein zu hoher Kreatininwert ist dabei weniger problematisch. Weit wichtiger ist, dass die Kreatinin-Konzentration den Grenzwert nicht unterschreitet.
Kreatinin ist ein Abbauprodukt von Kreatin. Kreatin spielt eine wichtige Rolle bei der Kontraktion von Muskeln. Kreatinin als sein Stoffwechselprodukt hat zwar (nach derzeitigem Erkenntnisstand) selbst keine nennenswerte Aufgabe, dient in der Medizin aber als Parameter, um die Funktion der Nieren zu beurteilen.
Ein kleiner Ausflug in die Medizin
Der menschliche Körper produziert Kreatin in der Leber und in den Nieren, um es anschließend in die Herz- und Skelettmuskeln zu transportieren. Vom gesamten Kreatin in der Muskelmasse werden jeden Tag bis zu zwei Prozent über die Nieren als Kreatinin mit dem Urin ausgeschieden.
Der Arzt bestimmt den Kreatininwert, wenn er eine Störung der Nierenfunktion vermutet oder kontrollieren will. So eine Funktionsstörung kann zum Beispiel durch eine akute oder chronische Nierenerkrankung hervorgerufen werden. Durch Gifte geschädigte Nierenzellen und der Zerfall von roten Blutkörperchen oder Muskelzellen können die Nierenfunktion ebenfalls beeinträchtigen. Auch bei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Erkrankungen des Bindegewebes, Bluthochdruck, massiven Blutungen oder hohem Wasserverlust wird der Kreatininwert ermittelt.
Wie viel Kreatinin jemand ausscheidet, hängt aber nicht nur von der Nierenfunktion ab. Auch die Muskelmasse spielt eine Rolle. Bodybuilder und andere Sportler können daher durchaus einen erhöhten Kreatininwert haben.
Als Laborwert muss das Kreatinin aber von der sogenannten Kreatinin-Clearance abgegrenzt werden. Sie ist ein Maß für die Menge an Kreatinin, die über die Niere ausgeschieden wird. Konkret gibt die Kreatinin-Clearance an, wie schnell die Nieren das Kreatinin über den Urin ausscheiden können. Im Unterschied zum Kreatininwert im Blut, der erst bei einer fortgeschrittenen Funktionsstörung der Niere ansteigt, zeigt die Kreatinin-Clearance schon sehr viel früher an, dass etwas nicht stimmt.
Die Kreatinin-Clearance verringert sich bei verschiedenen Nierenerkrankungen wie Durchblutungsstörungen, Entzündungen, aber auch Nierensteinen und Tumoren. In einer frühen Phase von Diabetes und in der Schwangerschaft hingegen ist die Kreatinin-Clearance erhöht.
Was wird aus dem Abstinenzprogramm, wenn der Kreatininwert von der Norm abweicht?
Bei den Urinproben als Abstinenzbelege für die MPU wird der Kreatininwert gemessen, um die Verdünnung des Urins zu ermitteln. Je niedriger der Wert ist, desto verwässerter ist der Urin. Doch ein hoher Wasseranteil im Urin führt dazu, dass die fraglichen Substanzen nicht mehr mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen werden können.
Damit bei der Dokumentation deiner Abstinenz keine zeitliche Lücke entsteht, müsstest du den Kontrolltermin bei einer unbrauchbaren Urinprobe wiederholen. Ob diese Möglichkeit besteht, hängt aber davon ab, was du mit deinem Anbieter vertraglich vereinbart hast.
Bei einigen Anbietern kannst du im Verlauf des Abstinenzprogramms eine zusätzliche Urinprobe abgeben, um auf diese Weise eine nicht verwertbare Probe zu wiederholen. Andere Anbieter brechen das Kontrollprogramm sofort ab, wenn eine Urinprobe unbrauchbar ist. Ein Abbruch hat zur Folge, dass die bisherigen Belege verfallen und du das Programm noch einmal von vorne starten musst.
Deshalb der Rat
Vor allem größere Mengen an harntreibenden Getränken wie Kaffee oder Tee sind keine gute Idee. Denn je mehr du trinkst, desto größer ist das Risiko, dass dein Urin zu verdünnt ist und die Probe nicht mehr verwendet werden kann, weil der Kreatininwert den Grenzwert unterschreitet.
Aber das heißt natürlich nicht, dass du nur noch ganz wenig oder gar nichts mehr trinken sollst. Eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr ist schädlich und kann sogar lebensbedrohlich werden. Außerdem könnte dein Kreatininwert dadurch ansteigen. Auch das wäre ein auffälliger Befund. Er ist zwar weniger problematisch als ein zu niedriger Kreatininwert, wirft aber trotzdem zumindest Fragen auf.
Wird der Kreatininwert bei der MPU auch ermittelt?
Bei der MPU legst du dem Arzt deinen Abschlussbericht vom Abstinenzprogramm vor. Der Bericht gibt den überwachten Zeitraum und die Anzahl der Kontrolltermine an. Daneben führt er auf, welche Ergebnisse deine Urintests hatten, wie die dazugehörigen Grenzwerte lauten und welche Messverfahren das Labor angewendet hat. Hast du zwischendurch Urlaub gemacht, musstest du einen Termin verschieben, war eine Urinprobe nicht verwertbar oder gab es andere Vorkommnisse, stehen sie ebenfalls im Abschlussbericht.
Allerdings bezieht sich der Bericht auf die zurückliegenden Monate. Und seit dem letzten Kontrolltermin können bis zu drei Monate vergangen sein. Um sicherzugehen, dass du auch in jüngster Vergangenheit auf Alkohol und Drogen verzichtet hast, kann die Begutachtungsstelle im Rahmen der medizinischen Untersuchung einen Urintest durchführen. Bei einer MPU wegen Alkohol ist zwar eine Blutentnahme gängiger. Aber auch eine Urinprobe ist denkbar und als Drogentest durchaus üblich.
Fällt dein Urintest positiv aus, wirst du die MPU nicht bestehen. Es sei denn, du hast eine schlüssige Erklärung für den Befund, die du zum Beispiel durch ein ärztliches Attest zweifelsfrei belegen kannst. Aber selbst dann muss sich zeigen, ob dir die MPU-Stelle die Geschichte abkauft.
Experimente bei der MPU solltest du unterlassen. Denn der Versuch, die Gutachter auszutricksen, kann gewaltig nach hinten losgehen und dazu führen, dass du die MPU wiederholen musst. Die Zeit und das Geld, das du dafür aufwenden müsstest, kannst du sicher besser investieren.
Fazit
Ein Kreatininwert unter dem zulässigen Grenzwert ergibt sich meist, wenn du sehr viel getrunken hast. Für das Abstinenzprogramm kann eine zu stark verwässerte Urinprobe aber nicht verwendet werden. Ob du den Test wiederholen kannst oder dein Programm sofort abgebrochen wird, hängt vom Anbieter ab. Auch bei der MPU kann ein Kreatininwert, der von der Norm abweicht, ein negatives Gutachten nach sich ziehen.
Bestimmte Erkrankungen und Medikamente können Einfluss auf den Kreatininwert haben. In diesem Fall solltest du dich unbedingt um entsprechende Atteste kümmern oder beim Abstinenzprogramm lieber auf Haaranalysen zurückgreifen.
Ansonsten solltest du bis nach der MPU auf Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel, die du nicht unbedingt brauchst, verzichten. Achte außerdem auf deine Trinkmenge, wenn ein Kontrolltermin ansteht. Denn es wäre ärgerlich, wenn dir ein einziger Wert einen Strich durch die Rechnung macht.
