Die MPU soll klären, ob du aktuell und künftig geeignet bist, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Das Ergebnis der Begutachtung nutzt die Behörde für ihre Entscheidung über deinen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis. Aber was ist, wenn dein MPU-Gutachten negativ ausfällt? Ist es sinnvoll, das Gutachten überprüfen zu lassen?
Dass die Behörde ein MPU-Gutachten verlangt, bevor sie entscheidet, ob du deinen Führerschein wiederbekommst oder behalten kannst, kommt nicht von ungefähr. Doch auch wenn dir klar ist, dass du einen Fehler gemacht hast, könntest du auf die MPU sicher gut verzichten. Endet deine Begutachtung zu allem Überfluss mit einem negativen Ergebnis, ist der Frust doppelt groß. Schließlich kostet das Prozedere rund um die MPU Zeit, Nerven und viel Geld.
Der Vorschlag, das ursprüngliche MPU-Gutachten durch ein sogenanntes Obergutachten überprüfen zu lassen, klingt vor diesem Hintergrund verlockend. Doch lohnt sich der Aufwand? Und was genau ist ein Obergutachten überhaupt? Das und mehr erfährst du in diesem Beitrag!
Zunächst eine rechtliche Einordnung der MPU
Damit du nachvollziehen kannst, welche Rechtsmittel mit Blick auf die MPU möglich sind, muss dir die rechtliche Einordnung der MPU klar sein. Verlangt die Behörde im Rahmen des Führerscheinantrags ein medizinisch-psychologisches Gutachten, empfindest du die Maßnahme vielleicht als zusätzliche Strafe. Tatsächlich will der Gesetzgeber dir aber die Möglichkeit geben, die Bedenken an deiner Kraftfahreignung auszuräumen.
Das übergeordnete Ziel dabei ist die allgemeine Verkehrssicherheit. Und du hast dir einen Fehltritt geleistet, durch den du die Verkehrssicherheit für dich und andere erheblich gefährdet hast.
Bei einigen Delikten ist eine MPU von Gesetzes wegen Pflicht. In anderen Fällen entscheidet die Behörde, ob die Zweifel an deiner Fahreignung so groß sind, dass eine Begutachtung begründet ist. Die MPU bietet dir dann die Gelegenheit, aufzuzeigen, dass deine Fahreignung wiederhergestellt ist.
Rechtliche Möglichkeiten gegen die Anordnung der MPU
Die Anordnung einer MPU ist kein eigenständiger Verwaltungsakt im Sinne eines Beschlusses. Die Behörde leitet die Durchführung der Begutachtung nicht in die Wege, sondern fordert dich nur dazu auf, ein Gutachten vorzulegen. Aus rechtlicher Sicht ist diese Aufforderung eine sogenannte Vorbereitungshandlung.
Vorbereitungshandlung bedeutet, dass das MPU-Gutachten die eigentliche Handlung der Behörde vorbereitet. Die Handlung ist die Entscheidung darüber, ob deinem Antrag stattgegeben und dir wieder eine Fahrerlaubnis erteilt wird.
Letztlich ist die Aufforderung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzureichen, nur eine Auflage, durch die du die Voraussetzungen im Führerscheinverfahren erfüllst. Und weil es deiner Entscheidung überlassen bleibt, ob du der Aufforderung nachkommst, kannst du rechtlich nicht dagegen vorgehen.
Rechtsmittel gegen den Entzug der Fahrerlaubnis
Hat die Behörde entschieden, dass dir die Fahrerlaubnis entzogen wird, ist der dazugehörige Bescheid ein Verwaltungsakt. Dagegen kannst du Rechtsmittel einlegen. Dafür schaltest du einen Anwalt ein, der gegen den Führerscheinentzug klagt. Das Gericht prüft die Klage und hebt den Bescheid der Behörde auf, ändert ihn ab oder weist deine Klage zurück.
Im Rahmen des Verfahrens wird dein Anwalt meist auch eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) beantragen. Wird dem Antrag stattgegeben, bleibt deine Fahrerlaubnis gültig, bis das Gericht sein Urteil gefällt hat.
Allerdings sind solche Gerichtsverfahren in der Praxis eher selten erfolgreich. Wenn die Behörde die Fahrerlaubnis entzieht, basiert die Entscheidung auf gesetzlichen Vorgaben. Eine Klage kann deshalb nur bei einem offensichtlichen Verfahrensfehler oder einem tatsächlich unbegründeten und unangemessenen Führerscheinentzug Erfolg haben.
Doch solche Fälle sind selten. Und wenn die Sachlage eindeutig ist, reicht ein schlüssiger Widerspruch gegen den Bescheid aus. Die Behörde wird ihre Entscheidung dann auch ohne Gerichtsverfahren prüfen und korrigieren.
Rechtliche Schritte gegen ein negatives MPU-Gutachten
Das MPU-Gutachten liegt etwa zwei Wochen nach der Begutachtung in deinem Briefkasten. Darin sind die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung, des computergestützten Leistungstests und des psychologischen Gesprächs aufgeführt. Auf der letzten Seite steht, zu welchem Endergebnis die Begutachtung geführt hat. Ist das Gutachten negativ ausgefallen, erläutert der Gutachter, was seiner Meinung nach notwendig ist, um deine Fahreignung wiederherzustellen.
Du solltest die Ausführungen und Erklärungen aufmerksam lesen. Dadurch erfährst du, welche Defizite der Gutachter sieht. Bist du mit den Ansichten und Schlussfolgerungen des Gutachters nicht einverstanden, kannst du Rechtsmittel einlegen.
Rechtlich wird das MPU-Gutachten wie ein Werkvertrag gemäß § 631 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) behandelt. Weil du das Gutachten in Auftrag gegeben hast, stehst du mit der MPU-Stelle in einem Vertragsverhältnis. Dieses Vertragsverhältnis beinhaltet die gesetzlichen Mängelrechte. Deshalb kannst du zunächst deinen Anspruch auf Nachbesserung geltend machen.
Dazu verfasst du am besten mit anwaltlicher Hilfe eine Stellungnahme, in der du benennst und erläuterst, warum du mit den Ausführungen des Gutachters nicht einverstanden bist. Außerdem forderst du den Gutachter auf, die kritisierten Punkte zu überprüfen und zu berichtigen.
Die MPU-Stelle muss auf dein Schreiben reagieren. Gibt dir der Gutachter recht und korrigiert seine Einschätzung in deinem Sinne, hast du dein Ziel erreicht. Bleibt der Gutachter hingegen bei seiner Beurteilung, was in der Praxis meistens der Fall ist, kannst du das MPU-Gutachten anfechten.
Die Anfechtung eines Gutachtens vor Gericht solltest du dir gut überlegen.
Denn die Erfolgsaussichten sind nicht besonders hoch. Das Gericht orientiert sich an den Grundsätzen gemäß Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung, nach denen eine MPU durchgeführt und das dazugehörige Gutachten erstellt werden muss. Sind diese Vorgaben eingehalten, wird das Gericht keine rechtlichen Mängel feststellen.
Erschwerend kommt dazu, dass du in der Beweispflicht bist. Du musst belegen, dass die Durchführung der MPU nicht ordnungsgemäß erfolgte, die Befunde falsch sind, der Gutachter willkürlich geschlussfolgert hat oder die Ergebnisse absichtlich manipuliert wurden. Doch solche Nachweise sind schwer zu führen.
Die Gutachter sind erfahren und wissen, was sie tun. Die MPU-Gutachten berücksichtigen im Normalfall die vorgeschriebenen Bewertungskriterien und erfüllen die gesetzlichen Vorgaben. Aussicht auf Erfolg hat deine Anfechtung deshalb nur, wenn tatsächlich gravierende Fehler vorliegen, die du handfest belegen kannst.
Außerdem solltest du zwei Dinge bedenken. Zum einen ist ein Gerichtsverfahren langwierig und teuer. Und zum anderen erfährt die Behörde erst du die Anfechtung, dass überhaupt ein negatives MPU-Gutachten existiert. Doch genau das solltest du vermeiden. Zumal das Gutachten zehn Jahre lang in deiner Akte bleibt.
Was ist ein MPU Obergutachten?
Im rechtlichen Bereich spielen Gutachten eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Sachverhalte zu klären. Allerdings fällt ein Gutachten nicht immer so aus, wie erhofft. Ist ein Ergebnis strittig, kann es notwendig sein, das Erstgutachten durch ein weiteres Gutachten überprüfen zu lassen. An dieser Stelle kommt das sogenannte Obergutachten ins Spiel.
Bei einem Obergutachten handelt es sich um ein Gutachten, das ein unabhängiger Sachverständiger erstellt. Er überprüft das Erstgutachten, um es anschließend zu bestätigen, in Teilen zu ändern oder zu widerlegen. Das Ziel eines Obergutachtens ist, eine objektive Beurteilung der Sachlage sicherzustellen und Streitigkeiten zu klären. Im Idealfall lässt sich so ein Gerichtsverfahren vermeiden.
Mit Blick auf die MPU kannst du, zusammen mit deinem Anwalt, ein Obergutachten erstellen lassen, wenn du begründete Einwände gegen das negative Ergebnis der Begutachtung hast oder das MPU-Gutachten deiner Ansicht nach falsch ist. Auch die Führerscheinstelle kann übrigens ein Obergutachten einholen, wenn sie das Gutachten der MPU-Stelle infrage stellt.
Wie wird ein Obergutachten für die MPU erstellt?
Um das Gutachten der MPU überprüfen zu lassen, kannst du einen unabhängigen Sachverständigen einschalten und damit betrauen, ein Obergutachten zu erstellen. Der Sachverständige wird manchmal auch als Schiedsgutachter bezeichnet. Denn seine Aufgabe ist, die Sachlage objektiv zu beurteilen und eventuell zwischen dir und der MPU-Stelle oder der Behörde zu schlichten.
Die Erstellung eines Obergutachtens gliedert sich in folgende Schritte:
- Obergutachten anfordern: Zunächst beantragst du, dass ein Obergutachten erstellt wird. Dazu brauchst du einen Anwalt, der die rechtlichen Voraussetzungen prüft und den Antrag begründet.
- Sachverständigen auswählen: Bei der Auswahl des Obergutachters ist wichtig, dass er einerseits unabhängig und unparteiisch ist und andererseits über die notwendige fachliche Qualifikation verfügt. Eine Übersicht mit Sachverständigen, die ein Obergutachten zu einer MPU erstellen können, findest du zum Beispiel auf dieser Webseite.
- Erstgutachten überprüfen: Der Obergutachter überprüft das Erstgutachten auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit. Dabei sollte er das Gutachten sowohl fachlich und inhaltlich als auch unter methodischen Gesichtspunkten hinterfragen.
- Obergutachten erstellen: Auf Basis seiner Überprüfung fertigt der Sachverständige ein schriftliches Obergutachten an. Darin führt er seine Ergebnisse aus und begründet sie. Vor allem die strittigen Punkte und die Abweichungen zum Erstgutachten behandelt er ausführlich. Im Endergebnis kann das Obergutachten das ursprüngliche MPU-Gutachten bestätigen, berichtigen oder aufheben.
- Obergutachten verwerten: Das Obergutachten kannst du der MPU-Stelle oder der Behörde vorlegen. Es dient dann als Basis für die weiteren Entscheidungen in deinem Fall.
Dein Anwalt sollte eng mit dem Obergutachter zusammenarbeiten. Denn nur so ist sichergestellt, dass die rechtlichen und fachlichen Aspekte berücksichtigt werden, die für die Beurteilung deiner Fahreignung relevant sind. Ein Obergutachten bringt dir nichts, wenn du es nicht verwerten kannst.
Ist ein Obergutachten zur Überprüfung des Ergebnisses der MPU ratsam?
Ein Obergutachten kann ein hilfreiches Instrument sein, um einen Sachverhalt zu klären und ein Gutachten objektiv zu beurteilen. Allerdings muss dir bewusst sein, dass das Verfahren viel Zeit in Anspruch nimmt und hohe Kosten verursacht. Du solltest deshalb gut abwägen, ob der Nutzen des Obergutachtens in einem angemessenen Verhältnis zum zeitlichen und finanziellen Aufwand steht.
Wichtig ist außerdem, dass du dir einen erfahrenen Anwalt zur Seite holst. Er muss genau prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen, um ein Obergutachten anzufordern und erstellen zu lassen, erfüllt sind. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Streitigkeiten darüber entstehen, ob das Obergutachten überhaupt zulässig und verwertbar ist.
Der Obergutachter wiederum muss fachlich kompetent und unabhängig sein, damit er das vorliegende Gutachten sachgerecht und objektiv prüfen kann. Das Obergutachten muss dann klar und verständlich verfasst sein. Vor allem auf die strittigen Punkte sollte das Obergutachten ausführlich und nachvollziehbar eingehen.
Der entscheidende Aspekt ist aber, dass der Obergutachter das Erstgutachten letztlich nur auf formale und inhaltliche Richtigkeit prüfen kann. Er kann feststellen, ob die formalen Vorgaben eingehalten sind, die für ein MPU-Gutachten gelten. Außerdem kann der Obergutachter bewerten, ob das Erstgutachten vollständig und in sich schlüssig ist.
Doch das Ergebnis als solches kann er nur bedingt beurteilen. Schließlich hat der Obergutachter die MPU nicht selbst durchgeführt, sondern kann nur die Angaben berücksichtigen, die ihm durch das Gutachten und die Begründung deines Antrags vorliegen.
Was unterscheidet ein Obergutachten von einem Zweitgutachten?
Ein Obergutachten überprüft das Gutachten, das erstellt wurde, nachdem du dich der MPU unterzogen hast. Es bezieht sich also auf ein bestehendes MPU-Gutachten. Im Unterschied dazu ist ein Zweitgutachten ein komplett neues und eigenständiges Gutachten.
Entscheidest du dich für ein Zweitgutachten, wählst du eine andere MPU-Stelle aus und unterziehst dich der Begutachtung noch einmal. Eine Wartezeit musst du nicht beachten. Denn du kannst die MPU beliebig oft wiederholen.
Durch das Erstgutachten weißt du, warum der Gutachter deine Fahreignung bemängelt hat. Allerdings legt der zweite Gutachter die gleichen Kriterien zugrunde. Denn die Richtlinien für die Bewertung der Fahreignung sind verbindlich vorgeschrieben. Ändert sich an den Befunden nichts, behältst du deine Aussagen weitestgehend bei und stimmen die Einschätzungen des Erstgutachters mit den Begutachtungsleitlinien überein, wird die zweite MPU zum gleichen Ergebnis führen.
Geht dein Plan auf und ist das Zweitgutachten positiv, reichst du es natürlich bei der Behörde ein. In einem Gerichtsverfahren kannst du das Zweitgutachten als Gegendarstellung verwenden. Allerdings zeigt die Praxis, dass es oft bei einem negativen Gutachten bleibt, wenn du auf eine gezielte Vorbereitung verzichtest und die Empfehlungen aus dem Erstgutachten nicht umsetzt.
Fazit zum MPU Obergutachten
Ein Obergutachten wird von einem unabhängigen Sachverständigen erstellt und überprüft ein bestehendes Gutachten, um dieses anschließend zu bestätigen, zu berichtigen oder aufzuheben. Vor allem bei komplexen Sachverhalten, die unterschiedliche Ansichten und Bewertungen erlauben, oder bei einem strittigen Ergebnis, kann das Obergutachten eine objektive Bewertung gewährleisten und so zur Klärung der Streitigkeiten beitragen.
Im Zusammenhang mit der MPU solltest du aber gut abwägen, ob sich ein Obergutachten wirklich lohnt. Denn das Verfahren ist aufwändig, teuer und die Erfolgsaussichten sind überschaubar. Gleiches gilt für ein Zweitgutachten und eine gerichtliche Anfechtung des Erstgutachtens. Die Praxis zeigt, dass du oft am besten beraten bist, wenn du das negative Ergebnis akzeptierst, dich noch einmal gezielt vorbereitest und dann einen neuen Anlauf startest.