Hat ein Vorfall im Straßenverkehr Bedenken wegen deiner Kraftfahreignung hervorgerufen, kann die Führerscheinbehörde ein MPU-Gutachten verlangen, bevor sie dir wieder eine Fahrerlaubnis erteilt. Die medizinisch-psychologische Untersuchung soll feststellen, ob du gesundheitlich, geistig und charakterlich dazu geeignet bist, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Doch wie sind eigentlich die gesetzlichen Grundlagen? Wann kann die Behörde eine MPU anordnen? Und musst du der Aufforderung nachkommen?
Rund um die MPU, im Volksmund auch Idiotentest genannt, ranken sich diverse Mythen und Legenden. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass sich der überwiegende Teil aller Autofahrer noch keiner Begutachtung unterziehen musste und auch nie in die Situation kommen wird. Und die Verkehrsteilnehmer, die bereits eine MPU absolviert haben, berichten oft eher negativ über ihre Erfahrungen. Das gilt vor allem dann, wenn sie zunächst nicht erfolgreich waren und die MPU wiederholen mussten.
Viele Geschichten sind deshalb das Ergebnis von Halbwissen und Hörensagen. Außerdem machen immer wieder Gerüchte die Runde. Zu diesen Behauptungen gehört, dass die MPU verfassungswidrig ist und deshalb bald abgeschafft wird. Doch ist da etwas Wahres dran? Wir klären auf!
Kritik an der MPU und gesetzliche Neuregelung
Die MPU gibt es in Deutschland seit Mitte der 1950er-Jahre. Offiziell handelt es sich bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung um eine Begutachtung der Kraftfahreignung. Mehrere Untersuchungen und Tests sollen feststellen, ob du körperlich, geistig und charakterlich dazu geeignet und befähigt bist, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Außerdem soll die Begutachtung beurteilen, wie hoch das Risiko ist, dass du dir erneut ähnliche Fehltritte leistest.
Die gewonnenen Erkenntnisse werden ausgewertet und in einem Gutachten festgehalten. Dabei gibt es verbindliche Beurteilungskriterien für die Fahreignung, an die die Gutachter gebunden sind. Das MPU-Gutachten nutzt die Führerscheinbehörde für ihre Entscheidung, ob sie deinem Antrag stattgibt und dir eine Fahrerlaubnis erteilt.
Ein positives Gutachten garantiert zwar noch nicht, dass du deinen Führerschein bald zurückbekommst oder behalten kannst. Bleiben Bedenken, kann die Behörde deinen Antrag theoretisch trotz positivem Gutachten ablehnen. Aber in der Praxis ist das eine äußerst seltene Ausnahme.
Dabei wird seit vielen Jahren Kritik an der MPU geübt. Experten bemängeln vor allem, dass die Begutachtung in der jetzigen Form Betroffene zu sehr unter Druck setzt. Deshalb fordern verschiedene Stellen wie zum Beispiel Automobilverbände eine Neuregelung.
Um diese Reform voranzubringen, hat das Bundesverkehrsministerium eine Projektgruppe namens „MPU Reform“ ins Leben gerufen. Die Projektgruppe hat schon im Jahr 2014 einen Arbeitsbericht vorgelegt. Er enthält aber nur Handlungsempfehlungen. Der Gesetzgeber ist an diese Empfehlungen nicht gebunden und hat bisher auch nur wenige davon umgesetzt.
Ist die MPU verfassungswidrig?
Dass es neue Gesetze zur MPU geben soll, ist eine Aussage, die oft zu lesen ist. Eine andere Behauptung, die regelmäßig durch diverse Foren geistert, lautet, dass die MPU verfassungswidrig ist. Und weil die MPU verfassungswidrig ist, will die EU die Fahreignungsbegutachtung angeblich abschaffen. Beides ist schlichtweg falsch. Und dafür gibt es drei wesentliche Gründe:
1. Jedes EU-Land hat eigene Regelungen.
Auf EU-Ebene existiert keine einheitliche Rechtsgrundlage, die die Fahrerlaubnis betrifft. Stattdessen entscheidet jedes EU-Land für sich, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Fahrerlaubnis entzogen und (wieder) erteilt wird. Jeder EU-Staat hat seine eigenen Verkehrsregeln und definiert seinen eigenen Bußgeldkatalog. Gleiches gilt für die Maßnahmen, die eingesetzt werden, um die Kraftfahreignung zu überprüfen.
EU-weit gültige Regelungen zur Fahrerlaubnis sind weder vorhanden noch im Gespräch. Es existieren keine Pläne, die in diese Richtung gehen. Genauso gibt es keine rechtliche Handhabe, die der EU ermöglichen würde, in nationales Gesetz einzugreifen und die MPU in Deutschland abzuschaffen. Auch die Behauptung, dass sich die Sache mit der MPU durch EU-Regelungen erledigen wird, ist also Unsinn.
2. Wann ein MPU-Gutachten verlangt wird, ist gesetzlich geregelt.
Eine MPU wird immer von der zuständigen Führerscheinstelle angeordnet. Auch in einem Strafverfahren verhängt das Gericht nur eine Sperrfrist. Diese Sperrfrist legt fest, wie lange dir keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Die Anordnung der MPU erfolgt dann durch die Behörde, wenn sie im Rahmen deines Führerscheinantrags prüft, ob die Voraussetzungen für eine Erteilung der Fahrerlaubnis erfüllt sind.
Wann die Behörde eine Begutachtung deiner Kraftfahreignung für notwendig hält, entscheidet sie nicht spontan aus dem Bauch heraus. Vielmehr gibt es dafür gesetzliche Grundlagen. Dabei spielt zunächst § 2 StVG eine entscheidende Rolle. Dieser Paragraf definiert, unter welchen Bedingungen eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann. Mit Blick auf die MPU ist Absatz 8 maßgeblich. Darin heißt es nämlich:
„Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt.“
Die Rechtsgrundlage für die Anordnung einer MPU ist damit grundsätzlich schon einmal gegeben.
Nähere Vorgaben in der Fahrerlaubnis-Verordnung
Welche Tatsachen begründete Bedenken hervorrufen, hängt dann davon ab, was genau vorgefallen ist. Detaillierte Regelungen dazu stehen in der Fahrerlaubnis-Verordnung. Dabei definiert § 11 Abs. 3 FeV die Fälle, die die Anordnung einer MPU im Allgemeinen rechtfertigen. Dazu gehören zum Beispiel verkehrsrechtliche Straftaten, erhebliche Verstöße gegen die Verkehrsvorschriften oder die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach einem Fahrerlaubnis-Entzug.
Die Vorschriften speziell bei Eignungszweifeln, die mit einer Alkoholthematik zusammenhängen, legt § 13 FeV fest. Geht es hingegen um die Feststellung der Fahreignung im Zusammenhang mit Drogen und Medikamenten, sind die Regelungen aus § 14 FeV maßgeblich.
In allen Fällen, die der Gesetzgeber klar benannt hat, hat die Behörde keinen Ermessensspielraum. Bevor sie eine Fahrerlaubnis erteilt, muss sie verlangen, dass du ein MPU-Gutachten vorlegst. Ansonsten kommt es auf den Einzelfall an. Gibt es Tatsachen, die Bedenken an deiner Fahreignung begründen, kann die Behörde eine MPU anordnen. Aber auch dieser Entscheidungsspielraum ist gesetzlich abgedeckt.
3. Die Teilnahme an der MPU ist keine Pflicht.
Als Argument dafür, dass die MPU verfassungswidrig sein soll, wird mitunter auf das Grundgesetz verwiesen. So wird zum Beispiel angeführt, dass die Begutachtung nicht mit dem Persönlichkeitsrecht vereinbar sei. Auch diese Behauptung lässt sich aber sehr einfach entkräften.
Wenn die Führerscheinbehörde Bedenken wegen der Fahreignung hat, fordert sie dich nur dazu auf, ein MPU-Gutachten einzureichen. Sie veranlasst weder die MPU noch leitet sie die Durchführung der Begutachtung ein. Andersherum bist du nicht dazu verpflichtet, der Aufforderung nachzukommen.
Letztlich bleibt es deiner Entscheidung überlassen, ob du dich der MPU unterziehst und der Behörde das Gutachten vorlegst oder ob nicht. Niemand zwingt dich dazu. Das geforderte MPU-Gutachten ist nur eine Auflage im Rahmen des Antragsverfahrens, ähnlich wie du verschiedene Dokumente und ein Foto brauchst, wenn du zum Beispiel einen Personalausweis beantragst.
Das MPU-Gutachten gibst du bei der Begutachtungsstelle in Auftrag. Und du entscheidest auch, was mit dem Gutachten passiert. Wenn dein Gutachten negativ ausfällt, kannst und solltest du es sogar für dich behalten.
Ein weiterer Aspekt ist die allgemeine Verkehrssicherheit. Bei der MPU geht es nicht nur darum, ob du deinen Führerschein wiederbekommst. Stattdessen spielt auch eine Rolle, wie groß die Gefahr ist, dass sich vergleichbare Vorfälle wiederholen.
Wenn du zum Beispiel betrunken fährst, dich unter Drogeneinfluss hinters Steuer setzt oder sämtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen missachtest, gefährdest du nicht nur dich, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmer. Und im Zweifel wiegt die Sicherheit der Allgemeinheit schwerer als eine Situation, in der du Fragen zu deiner persönlichen Geschichte beantwortest.
Rechtsmittel gegen die MPU
In einem Rechtsstaat wie Deutschland musst du Entscheidungen von Ämtern, Behörden und anderen Stellen nicht akzeptieren, sondern kannst dich dagegen wehren. Im Fall einer angeordneten MPU ist das aber ein bisschen anders. Gegen die Anordnung als solche gibt es nämlich keine Rechtsmittel.
Der Grund dafür ist, dass es sich nicht um einen eigenständigen Verwaltungsakt handelt, wenn dich die Behörde dazu auffordert, ein MPU-Gutachten einzureichen. Aus rechtlicher Sicht ist diese Aufforderung nur eine sogenannte Vorbereitungshandlung.
Vorbereitungshandlung meint, dass das MPU-Gutachten eine Auflage ist, die die eigentliche Entscheidung vorbereitet. Und die eigentliche Entscheidung besteht darin, ob dir die Behörde eine Fahrerlaubnis erteilt oder ob nicht. Erst die Entscheidung über deinen Führerscheinantrag ist ein Verwaltungsakt, gegen den du Rechtsmittel einsetzen kannst.
Gegen eine Vorbereitungshandlung kannst du dich rechtlich nicht wehren. Du hast zwar die Möglichkeit, eine Stellungnahme zu verfassen und darin detailliert auszuführen, warum es in deinem Fall unverhältnismäßig ist, ein MPU-Gutachten zu verlangen. Auf so eine schriftliche Stellungnahme muss die Behörde grundsätzlich reagieren.
Wenn aber kein offensichtlicher Verfahrensfehler vorliegt, wirst du damit keinen Erfolg haben. Denn die Behörde wird Sachverhalte nennen, die ihre Zweifel an deiner Fahreignung begründen. Damit sind die rechtlichen Voraussetzungen auf ihrer Seite.
Hinzu kommt, dass du der Aufforderung der Behörde nicht nachkommen musst. Ob du zur MPU antrittst und das dazugehörige Gutachten einreichst, entscheidest du selbst. Die Behörde verpflichtet dich weder dazu noch kann sie dich dazu zwingen. Es steht dir frei, die Begutachtung zu verweigern. Nur nimmst du damit eben in Kauf, dass dir keine Fahrerlaubnis erteilt wird, weil die Zweifel an deiner Fahreignung nicht ausgeräumt sind.
MPU verfassungswidrig – Fazit
Dass die Behörde eine MPU anordnen kann, wenn begründete Zweifel an deiner Fahreignung bestehen, leitet sich aus dem Straßenverkehrsgesetz ab. Die Fahrerlaubnis-Verordnung benennt die Verstöße, Delikte und Umstände, die eine Begutachtung zwingend vorschreiben, bevor wieder eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann. Ansonsten räumt der Gesetzgeber der Behörde ein, nach ihrem Ermessen zu bestimmen, ob sie eine Fahreignungsbegutachtung für notwendig hält.
Alle diese Regelungen haben gesetzliche Grundlagen. Dass die MPU verfassungswidrig sein soll, lässt sich mit Blick auf die Rechtsgrundlage widerlegen. Auch das Gerücht, dass die EU die MPU abschaffen will, ist schlichtweg Quatsch.
Eine Reform der MPU wird zwar irgendwann stattfinden. Allerdings hat das nichts damit zu tun, dass die MPU verfassungswidrig ist. Eine Neuregelung scheint deshalb notwendig, weil die MPU in ihrer derzeitigen Form in der Kritik steht.
Hat die Behörde eine MPU angeordnet, solltest du dich nicht mit irgendwelchen Gerüchten aufhalten oder von falschen Behauptungen verunsichern lassen. Nutze deine Zeit und Energie lieber, um dich auf die Begutachtung vorzubereiten. Denn wenn du deinen Führerschein so schnell wie möglich zurückhaben willst, kommst du um ein positives MPU-Gutachten nicht herum.