Ein erheblicher Verstoß gegen die Verkehrsregeln hat oft nicht nur eine Geldbuße zur Folge, sondern geht auch mit einem Fahrverbot oder sogar dem Entzug der Fahrerlaubnis einher. Und wenn das Delikt Zweifel an deiner Fahreignung hervorgerufen hat, verlangt die Behörde eine MPU, bevor sie wieder eine Fahrerlaubnis erteilt. Spätestens dann stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Situation noch irgendwie zu retten.
Alkohol oder Drogen, zu viele Punkte in Flensburg, verkehrsrechtliche Straftaten, sonstige Auffälligkeiten im Straßenverkehr: Es kann verschiedene Gründe geben, warum die Behörde eine MPU anordnet. Oft weißt du zwar schon am Tattag, dass die Geschichte unangenehme Folgen haben wird. Trotzdem ist der Schreck groß, wenn du das Schreiben der Behörde mit der Aufforderung, ein MPU-Gutachten einzureichen, in den Händen hältst.
Bietet dann ein Rechtsanwalt an, sich um die Angelegenheit zu kümmern, klingt das vielversprechend. Doch was kann er tatsächlich bewirken? Kann ein Anwalt erreichen, dass du um die MPU herumkommst? Kann er gegen ein negatives MPU-Gutachten vorgehen? Oder bezieht sich seine Hilfe auf andere Bereiche? Wir klären auf!
Kann ein Anwalt gegen die Anordnung der MPU vorgehen?
Anwälte sprechen mitunter von Lösungen und Erfolgsaussichten. Das ist ein Stück weit auch verständlich. Schließlich würde vermutlich niemand ein Mandat erteilen, wenn er von Anfang an wüsste, dass seine Hoffnungen enttäuscht werden. Andererseits wird ein seriöser Anwalt offen kommunizieren, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass er die MPU abwenden kann. Und dafür gibt es vor allem drei Gründe:
1. Lediglich Vorbereitungshandlung
Bei der Anordnung einer MPU handelt es sich rechtlich gesehen um keinen eigenständigen Verwaltungsakt. Stattdessen ist es lediglich eine sogenannte Vorbereitungshandlung.
Vorbereitungshandlung bedeutet, dass die Begutachtung die eigentliche Entscheidung vorbereitet. Diese Entscheidung besteht darin, ob dir die Behörde eine Fahrerlaubnis erteilt oder ob nicht. Das MPU-Gutachten dient der Behörde als eine Grundlage, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen erfüllt sind und sie dir einen Führerschein ausstellen kann.
Erst wenn die Behörde entscheidet, dass du keine Fahrerlaubnis bekommst, liegt ein Verwaltungsakt vor. Und gegen den dazugehörigen Bescheid könntest du zusammen mit dem Anwalt Rechtsmittel einlegen.
2. MPU keine Pflicht
Du bist nicht verpflichtet, dich der MPU zu unterziehen. Die Behörde veranlasst keine Begutachtung. Stattdessen fordert sie dich dazu auf, ein Gutachten einzureichen. Ob du dieser Aufforderung nachkommst, bleibt deine Entscheidung. Zwar wird die Behörde deinen Führerscheinantrag ablehnen, wenn du kein Gutachten vorlegst. Trotzdem absolvierst du die MPU gewissermaßen freiwillig.
3. Gesetzliche Grundlagen
Die Behörde verlangt ein MPU-Gutachten nicht aus einer Laune heraus. Vielmehr stützt sich ihre Entscheidung auf gesetzliche Grundlagen.
Bei einigen Delikten schreibt der Gesetzgeber eine MPU verpflichtend vor. Die Regelungen dazu finden sich in den §§ 11 ff. FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung). Ansonsten liegt es im Ermessen der Behörde, ob begründete Zweifel an deiner Eignung, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, durch eine MPU geklärt werden sollen. Auch dieser Ermessensspielraum ist gesetzlich abgedeckt.
Ein Anwalt kann zwar theoretisch versuchen, die Behörde oder ein Gericht davon zu überzeugen, dass eine MPU in deinem Fall unbegründet oder unangemessen ist. Doch die Praxis zeigt, dass dieses Vorhaben so gut wie nie erfolgreich ist. Wenn nicht tatsächlich ein offensichtlicher Verfahrensfehler vorliegt, ist nahezu ausgeschlossen, dass ein Gericht eine rechtmäßig angeordnete MPU aufhebt.
Kann der Anwalt bei einem negativen MPU-Gutachten weiterhelfen?
Ein negatives MPU-Gutachten ist nicht nur ärgerlich, sondern kann weitreichende Konsequenzen haben. Als direkte Folge für dich bedeutet die nicht-bestandene MPU, dass die Behörde deinen Führerscheinantrag ablehnt und du vorerst keine Fahrerlaubnis bekommst. Du müsstest das ganze Prozedere von vorne durchlaufen, also die MPU wiederholen, bis dahin dein Abstinenzprogramm fortführen und die kompletten Kosten erneut aufbringen.
Vor diesem Hintergrund kann durchaus eine Überlegung sein, gegen das negative Gutachten vorzugehen. Tatsächlich besteht diese Möglichkeit. Allerdings sind die Erfolgsaussichten auch hier ziemlich gering.
Die rechtliche Einordnung des Gutachtens
Aus Sicht der Rechtsprechung ist das MPU-Gutachten ein Werkvertrag. Als Auftraggeber des Gutachtens kannst du im Rahmen des Vertragsverhältnisses gegenüber der MPU-Stelle die gesetzlichen Mängelrechte geltend machen, die das Bürgerliche Gesetzbuch in den §§ 631 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vorsieht.
Dabei hast du zunächst einen Anspruch auf Nachbesserung. Dazu musst du zusammen mit deinem Anwalt ausführen, was aus deiner Sicht falsch ist, und den Gutachter gleichzeitig auffordern, die genannten Punkte zu prüfen und zu korrigieren. Lehnt der Gutachter die geforderte Nachbesserung ab, was in der Praxis meist der Fall ist, wäre der nächste Schritt, das Gutachten gerichtlich anzufechten.
Das Gericht stützt sich bei der Frage, ob ein mangelhaftes Gutachten vorliegt, auf die Grundsätze für die Durchführung einer MPU gemäß Anlage 4a FeV. Demnach muss ein medizinisch-psychologisches Gutachten
- allgemeinverständlich formuliert, nachvollziehbar und überprüfbar sein.
- alle wesentlichen Befunde aufführen und die Schlussfolgerungen, aus denen sich die Beurteilung ergibt, erklären.
- die angewendeten Untersuchungsverfahren benennen. Legt der Gutachter bei seinen Schlussfolgerungen Forschungsergebnisse zugrunde, muss er zwar die entsprechenden Quellen angeben, die wissenschaftlichen Grundlagen aber nicht detailliert erläutern.
- die Eignungsfrage der Behörde für das Gutachten vollständig beantworten. Bei einer eindeutigen Befundlage kann das Gutachten aber entsprechend kurz ausfallen.
- den aktuellen Befund und die Vorgeschichte getrennt voneinander darstellen.
Erfüllt das MPU-Gutachten diese Vorgaben, ist es ordnungsgemäß erstellt. Einen Mangel wird das Gericht dann nicht erkennen.
Eine Anfechtung kann deshalb nur dann erfolgreich sein, wenn das Gutachten Aussagen enthält, die du nie gemacht hast, oder wenn die Bewertungen des Gutachters offensichtlich falsch, willkürlich oder widersprüchlich sind. Gleiches gilt, wenn der Gutachter ohne weitere Begründung von den verbindlichen Begutachtungsrichtlinien abweicht. Doch den Nachweis darüber musst du führen.
Obergutachten oder Zweitgutachten als Alternativen
Um das MPU-Gutachten überprüfen zu lassen, kann dein Anwalt einen Obergutachter einbestellen. Ein Obergutachter ist ein Sachverständiger von einer übergeordneten Behörde, der ein Gutachten auf Richtigkeit und Plausibilität prüft und infolgedessen das Ergebnis bestätigen, berichtigen oder komplett aufheben kann.
Allerdings musst dir klar sein, dass der Obergutachter nur offensichtlich formale oder inhaltliche Fehler feststellen kann. Formale Fehler wären, wenn das Gutachten den Vorgaben nicht entspricht, weil zum Beispiel die Angaben zum Sachverhalt falsch sind oder die angewendeten Untersuchungsverfahren nicht dokumentiert sind. Inhaltliche Fehler können beispielsweise vorliegen, wenn der Gutachter die erhobenen Daten falsch interpretiert hat.
Die inhaltliche Richtigkeit kann der Obergutachter aber nicht überprüfen. Denn er selbst hat die Begutachtung ja nicht durchgeführt. Sind die Ausführungen und Schlussfolgerungen des Gutachters plausibel und schlüssig, wird es deshalb in aller Regel beim negativen Ergebnis bleiben. Hinzu kommt, dass ein Obergutachten teuer ist und das Verfahren sehr lange dauern kann.
Eine Alternative ist, dass du ein Zweitgutachten erstellen lässt. Dazu suchst du dir eine andere Begutachtungsstelle aus und wiederholst dort die MPU. Auch bei dieser Begutachtung wird der Gutachter aber die gleichen Beurteilungskriterien anwenden, denn sie sind vorgeschrieben. Sind die Ergebnisse im Erstgutachten richtig, wird das Zweitgutachten deshalb genauso ausfallen. Wirklich gut sind die Erfolgsaussichten also ebenfalls nicht.
Wie kann ein Anwalt mit Blick auf die MPU helfen?
In den meisten Fällen ist es die beste Lösung, die angeordnete MPU zu akzeptieren. Statt nach langwierigen und kostspieligen Möglichkeiten zu suchen, wie MPU zu vermeiden, ist sinnvoller, wenn du die Verantwortung für dein Verhalten übernimmst und deine Energie in eine gute Vorbereitung investierst.
Ein wesentlicher Schlüssel dabei ist, dass du die MPU nicht als lästige Pflicht und überflüssige Zusatzstrafe siehst, sondern sie als Chance wahrnimmst, deine Verhaltensweisen zu hinterfragen und zu korrigieren. Dazu gehört auch, die Ursachen und Motive für dein Fehlverhalten aufzuspüren, dir die Folgen vor Augen zu führen und notwendige Änderungen einzuleiten. Außerdem solltest du Strategien entwickeln, die dich davor bewahren, wieder in alte Muster zu verfallen.
Um die bestmögliche Vorbereitung auf die MPU sicherzustellen, kann es in einigen Fällen sinnvoll sein, wenn du einen Anwalt ins Boot holst. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann dich in juristischen Fragen beraten. Weil er sich mit den Gesetzen und Vorschriften auskennt und dadurch die Rechtslage beurteilen kann, kann er dir aus juristischer Sicht erläutern, worauf es in deinem Fall besonders ankommen wird.
Hast du Einzelsitzungen beim Verkehrspsychologen gebucht oder besuchst du einen Vorbereitungskurs, steht im Vordergrund, dein Delikt und seine Ursachen zu analysieren und individuelle Maßnahmen für eine stabile Verhaltensänderung zu erreichen. Gleiches gilt, wenn du dich online oder komplett in Eigenregie auf die MPU vorbereitest.
Rechtliche Schritte gegen das Urteil
Am meisten helfen kann dir ein Anwalt aber, noch bevor die Behörde überhaupt eine MPU anordnet. Der juristische Beistand kann sich nämlich im Strafverfahren auszahlen. Wenn du dir einen Fehltritt geleistet hast, musst du natürlich dafür geradestehen. Trotzdem kann ein Anwalt eventuell Einfluss auf das Strafmaß und die Dauer der Sperrfrist nehmen.
Das Urteil in deinem Strafverfahren spielt später auch für die MPU eine Rolle. Das Gericht selbst ordnet zwar keine Begutachtung an. Dafür ist allein die Führerscheinstelle zuständig. Und das MPU-Gutachten hat auch nichts mit einer Beweisaufnahme oder einer weiteren Verurteilung zu tun.
Aber das Urteil bildet gewissermaßen die Grundlage für die MPU als weitere Folge und der Gutachter muss das Delikt, die Begleitumstände und die Hintergründe berücksichtigen. Denn nur so kann er feststellen, ob bei dir ein Umdenken stattgefunden hat und deine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr wiederhergestellt ist.
Eine kürzere Sperrzeit bewirkt, dass du früher zur MPU antreten kannst und damit die Chance hast, auch deinen Führerschein schneller wiederzubekommen. Außerdem ist selbstverständlich wichtig, dass dein Urteil angemessen und rechtmäßig ist. Bist du der Meinung, dass du zu Unrecht verurteilt wurdest, kannst du gegen die Entscheidung des Gerichts vorgehen. Zusammen mit deinem Anwalt kannst du entweder Berufung gegen das Urteil einlegen und so erreichen, dass eine höhere Instanz die Entscheidung überprüft. Oder du kannst in Revision gehen.
Ein Gerichtsverfahren über mehrere Instanzen ist aber langwierig und teuer. Du solltest deshalb immer abwägen, ob sich der Aufwand lohnt. Auf die Anordnung der MPU, um wieder eine Fahrerlaubnis zu kommen, hat das Urteil keinen Einfluss. Denn darüber entscheidet, wie gesagt, nicht das Gericht, sondern die Behörde.
Fazit zu MPU und Anwalt
Niemand möchte gerne zur MPU. Zumal es sehr belastend sein kann, wenn du weißt, dass deine Fahrerlaubnis von einem Gutachten abhängt. Schaltest du einen Anwalt ein, um die MPU abzuwenden oder ein negatives MPU-Gutachten anzufechten, stehen die Erfolgsaussichten ziemlich schlecht. Dafür kann dir ein Anwalt aber schon im Strafverfahren beistehen und auch deine Vorbereitung auf die MPU begleiten.