Natürlich ist ein negatives MPU-Gutachten genau das Gegenteil von dem, was du dir erhofft hattest. Schließlich hast du nicht nur umsonst viel Zeit und Geld investiert, sondern musst jetzt auch noch länger warten, bis du deinen Führerschein wiederbekommst. Da könnte sich die Frage stellen, ob es nicht sinnvoll wäre, gegen das negative Gutachten vorzugehen, um so eine weitere MPU zu vermeiden.
Dass die Behörde ein MPU-Gutachten verlangt, bevor sie dir wieder eine Fahrerlaubnis erteilt, kommt nicht von ungefähr. Vielmehr gab es einen Vorfall, der Zweifel an deiner Kraftfahreignung hervorgerufen hat und aus Sicht der Behörde eine Begutachtung notwendig macht. In der Mehrheit aller Fälle geht es um ein Delikt, bei dem Alkohol oder Drogen im Spiel waren. Aber auch zu viele Punkte in Flensburg, verkehrsrechtliche Straftaten, diverse andere Auffälligkeiten im Straßenverkehr oder bestimmte Erkrankungen können eine MPU mit sich bringen.
Die Aussicht, dass eine MPU fällig wird, sorgt oft für Kopfzerbrechen. Zumal die recht hohe Durchfallquote nicht unbedingt Mut macht. Doch dass viele Teilnehmer durchfallen, liegt nicht daran, dass die MPU so schwer ist. Stattdessen hapert es oft an der Vorbereitung.
Aber egal, woran es am Ende lag: Wenn das Gutachten negativ ausfällt, steht die Frage im Raum, wie es nun weitergeht. Muss das Ergebnis so akzeptiert werden? Lässt es sich nicht vermeiden, das ganze Prozedere noch einmal zu durchlaufen? Ist es möglich, gegen das MPU-Gutachten vorzugehen? Und lohnt sich das Ganze? In diesem Beitrag erklären wir, was du wissen und bedenken solltest, wenn du das MPU-Gutachten anfechten willst.
Gibt es Rechtsmittel gegen die Anordnung der MPU?
Als erste Frage stellt sich, ob du gegen die Auflage der Behörde, ein MPU-Gutachten einzureichen, Rechtsmittel einlegen kannst. Hier lautet die Antwort: Nein.
Das liegt daran, dass die Anordnung der MPU kein eigenständiger Verwaltungsakt, sondern lediglich eine sogenannte Vorbereitungshandlung ist. Das MPU-Gutachten bereitet nämlich die eigentliche Entscheidung der Behörde vor. Diese besteht darin, ob die Behörde deinen Führerscheinantrag bewilligt und dir wieder eine Fahrerlaubnis erteilt.
Hast du deinen Führerschein noch und reichst das geforderte MPU-Gutachten innerhalb der Frist nicht ein, ist der darauffolgende Entzug deiner Fahrerlaubnis die maßgebliche Entscheidung der Behörde. Weil es sich bei den Entscheidungen um Verwaltungsakte handelt, kannst du dagegen rechtlich vorgehen.
Dass du die Anordnung der MPU als Vorbereitungshandlung nicht anfechten kannst, hängt außerdem damit zusammen, dass du nicht dazu verpflichtet bist, dich der Begutachtung zu unterziehen. Die Behörde verlangt nur von dir, dass du ein Gutachten einreichst. Sie veranlasst aber nicht, dass die MPU durchgeführt wird.
Die Durchführung und das Gutachten gibst du in Auftrag. Und letztlich ist das eine freiwillige Entscheidung. Denn niemand zwingt dich, dich der Begutachtung zu unterziehen. Es ist dein gutes Recht, es sein zu lassen. Nur musst du eben davon ausgehen, dass dein Führerscheinantrag abgelehnt oder deine Fahrerlaubnis entzogen wird, wenn du das geforderte Gutachten nicht einreichst.
Eine Ausnahme würde bestehen, wenn ein offensichtlicher Verfahrensfehler vorliegt. Das wäre der Fall, wenn die Behörde eine MPU verlangt, obwohl dein Verstoß keinerlei Zweifel an deiner Fahreignung begründet. Dann könntest du in einer Stellungnahme ausführen, warum die MPU unbegründet und unangemessen ist. In der Praxis sind solche Verfahrensfehler aber äußerst selten.
Kann man das MPU-Gutachten anfechten?
Es dauert meist um die zwei Wochen, bis das Gutachten mit dem endgültigen Ergebnis deiner MPU im Briefkasten liegt. In dem Gutachten sind die Ergebnisse von allen drei Abschnitten der Begutachtung aufgeführt.
Darin steht also, ob nach der ärztlichen Untersuchung aus medizinischer Sicht Einschränkungen an deiner Fahreignung bestehen und wie du beim computergestützten Reaktions- und Leistungstest abgeschnitten hast. Außerdem gibt das Gutachten das psychologische Gespräch ausführlich wieder.
Auf der letzten Seite findet sich der abschließende Befund. Dort erfährst du, ob du die MPU bestanden hast oder ob nicht. Bist du durchgefallen, empfiehlt der Gutachter Maßnahmen, die aus seiner Sicht notwendig sind, um deine Fahreignung wiederherzustellen.
Um das Ergebnis nachvollziehen zu können, solltest du das ganze Gutachten aufmerksam lesen. Am besten gehst du die Erklärungen Wort für Wort durch. Auf diese Weise kommst du dahinter, wo der Gutachter Mängel sieht und warum er deine Fahreignung infrage stellt. Bist du mit den Einschätzungen nicht einverstanden, hast du die Möglichkeit, das negative MPU-Gutachten anzufechten.
Die rechtlichen Grundlagen, um das MPU-Gutachten anzufechten
Die Rechtsprechung behandelt das Gutachten, das du bei der Begutachtungsstelle in Auftrag gegeben hast, als einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Weil du mit der MPU-Stelle in einem Vertragsverhältnis stehst, kannst du die gesetzlichen Mängelrechte geltend machen, die das BGB vorsieht.
Dabei geht es zunächst um deinen Anspruch auf Nachbesserung gemäß § 635 BGB. Konkret bedeutet das, dass du aufzeigen musst, warum du mit dem Gutachten nicht einverstanden bist. Gleichzeitig musst du den Gutachter dazu auffordern, die benannten Punkte zu überprüfen und zu berichtigen.
Die Vorgaben für das Gutachten
Der nächste Schritt wäre dann, gerichtlich gegen das negative MPU-Gutachten vorzugehen. Bei der Frage, ob ein Gutachten mangelhaft ist, legt die Rechtsprechung die Grundsätze zugrunde, nach denen gemäß Anlage 4a FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung) eine MPU durchgeführt und das Gutachten erstellt werden muss. Demnach gilt:
- Das Gutachten muss allgemeinverständlich formuliert, nachvollziehbar und überprüfbar sein.
- Für ein schlüssiges Gutachten müssen alle wesentlichen Befunde aufgeführt und die Schlussfolgerungen, die zur Beurteilung führen, erläutert sein.
- Im Gutachten müssen die angewendeten Untersuchungsverfahren angegeben sein. Basieren die Schlussfolgerungen auf Forschungsergebnissen, ist auch die Angabe der entsprechenden Quellen notwendig. Alle wissenschaftlichen Grundlagen im Detail aufzuführen, ist aber nicht erforderlich.
- Insbesondere die Eignungsfragen der Behörde muss das Gutachten vollständig beantworten. Wie umfangreich das Gutachten ausfällt, richtet sich aber nach der Befundlage. Je eindeutiger die Befundlage ist, desto kürzer kann das Gutachten sein.
- Das Gutachten muss die Vorgeschichte und den aktuellen Befund darstellen und dabei zwischen beiden unterscheiden.
Sind diese Grundsätze erfüllt, ist das MPU-Gutachten aus rechtlicher Sicht in Ordnung. Außerdem solltest du bedenken, dass der Gutachter in seinem Gutachten auf ausdrückliche Erklärungen verzichten kann, wenn sich seine Bewertung auf die verbindlich definierten und einheitlichen Begutachtungsleitlinien stützt.
Drei große Minuspunkte beim Anfechten des MPU-Gutachtens
Möchtest du rechtlich gegen das Ergebnis der MPU vorgehen, solltest du dich an einen Anwalt wenden. Denn ohne juristischen Beistand wirst du wenig ausrichten können. Und spätestens, wenn das Verfahren vor Gericht geht, brauchst du den Rechtsanwalt sowieso.
Ein Anwalt kann einschätzen, wie die Chancen auf Erfolg stehen und ob sich der ganze Aufwand überhaupt lohnt. Außerdem kann er die Formulierungen im Gutachten besser einordnen und das Ergebnis mit der Gesetzeslage abgleichen. Und für einen Anwalt ist es oft einfacher, sich die Akten und die Tonaufzeichnungen des Gesprächs zu besorgen.
Doch auch wenn es dein gutes Recht ist, dich zu wehren, solltest du sehr gut abwägen, ob du das MPU-Gutachten wirklich anfechten willst. Denn dieser Weg bringt drei große Minuspunkte mit sich:
1. Die Behörde erfährt vom negativen Gutachten.
Bevor du den Rechtsweg beschreiten und das MPU-Gutachten anfechten kannst, muss es erst einmal rechtsgültig werden. Du brauchst die Bestätigung der Behörde, dass sie deinen Antrag zurückweist und dir keine Fahrerlaubnis erteilt. Doch dazu musst du das negative Gutachten einreichen. Genau das ist aber nicht zu empfehlen.
Grundsätzlich kannst du entscheiden, was mit dem MPU-Gutachten geschieht. Ein positives Gutachten wirst du natürlich vorlegen, damit du deinen Führerschein wiederbekommst. Im Unterschied dazu solltest du ein negatives Gutachten für dich behalten. Denn es verbleibt zehn Jahre lang in deiner Akte und macht dir einen neuen Anlauf nur unnötig schwer.
Gibst du das Gutachten nicht weiter, weiß die Behörde nur, dass sie deine Akte schon einmal an eine MPU-Stelle geschickt hat. Ob du bei der Begutachtung warst und wie sie gelaufen ist, erfährt die Behörde hingegen nicht. Möchtest du das MPU-Gutachten aber anfechten, musst du es bei der Behörde einreichen. Anders kannst du nicht dagegen vorgehen.
2. Du bist in der Beweispflicht.
Um zu erreichen, dass dein Gutachten korrigiert wird, musst du nachweisen, dass die Begutachtung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde oder die Erkenntnisse, Befunde und Schlussfolgerungen des Gutachters falsch sind. Du brauchst also stichhaltige Beweise, dass die Einschätzung nicht stimmt oder absichtlich fehlerhaft getroffen wurde.
Die Praxis zeigt, dass dieses Vorhaben nur äußerst selten gelingt. Die Gutachter in einer MPU-Stelle sind erfahrene Profis. Ihre Beurteilungen treffen sie nicht aus einer spontanen Laune heraus, sondern auf Basis der verbindlich vorgeschriebenen Bewertungskriterien. Auch die erstellten Gutachten erfüllen in aller Regel die gesetzlichen Vorgaben und sind damit wasserdicht.
Sollte sich tatsächlich ein offensichtlicher Fehler eingeschlichen haben, wird die Begutachtungsstelle das Gutachten überarbeiten, ohne dass du dafür vor Gericht ziehen musst. Andernfalls dürfte die Beweisführung äußerst schwierig werden.
3. Das Verfahren dauert und ist teuer.
Selbst wenn du der festen Überzeugung bist, dass du handfeste Beweise für ein fehlerhaftes MPU-Gutachten vorbringen kannst, solltest du dir den Kosten- und Zeitaufwand vor Augen führen. Ein Gerichtsverfahren kann sich über viele Monate hinziehen. Und solange das Verfahren läuft, kannst du die MPU nicht wiederholen. Der Wiedererhalt deines Führerscheins verschiebt sich damit ebenfalls deutlich.
Hinzu kommt, dass ein Gerichtsverfahren viel Geld kostet. Ob eine Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt, ist fraglich, wenn die Erfolgsaussichten sehr gering sind. Unterm Strich kostet es dich, ein Gutachten vor Gericht anzufechten, um ein Vielfaches mehr als die MPU zu wiederholen. Allein schon angesichts des enormen Zeit- und Kostenaufwands ist es deshalb fast immer sinnvoller, wenn du auf eine Anfechtung verzichtest und stattdessen erneut zur MPU antrittst.
Die Alternativen zu einer Anfechtung
Statt das MPU-Gutachten mithilfe eines Anwalts anzufechten, kannst du ein Zweitgutachten anfertigen lassen. Dafür suchst du dir eine Begutachtungsstelle aus und beauftragst sie damit, ein Gutachten zu erstellen.
Allerdings legt der Gutachter in einer anderen MPU-Stelle die gleichen Beurteilungskriterien zugrunde wie sein Vorgänger. Sind die Ausführungen im Erstgutachten richtig, wird deshalb auch das Zweitgutachten zu keinem anderen Ergebnis kommen. Die Erfolgsaussichten bei dieser Variante sind deshalb ebenso überschaubar.
Die beste Lösung ist in den meisten Fällen tatsächlich, wenn du das negative Gutachten akzeptierst. Behalte es aber für dich. Durch das Gutachten weißt du, woran es gehapert hat. Außerdem nennt der Gutachter am Ende konkrete Maßnahmen, um deine Fahreignung wiederherzustellen. Diese Empfehlungen solltest du umsetzen und dich noch gezielter vorbereiten. So schaffst du die Grundlage, um die MPU im zweiten Anlauf zu bestehen.
MPU-Gutachten anfechten – ein Fazit
Du kannst ein MPU-Gutachten anfechten, wenn du der Meinung bist, dass es falsch ist. Die Erfolgsaussichten sind aber sehr gering. Zudem lohnt sich der enorme Zeit- und Kostenaufwand, den eine Anfechtung vor Gericht mit sich bringt, meist nicht. In aller Regel ist es sinnvoller, deine Energie in eine gute Vorbereitung zu investieren und die MPU zu wiederholen.